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Ein Beistand für das kranke Herz

Herzchirurgie

Ein Beistand für das kranke Herz

Oberarzt erhält Medical Valley Award und Förderung in Höhe von 250.000 Euro für Entwicklung eines neuartigen Herzunterstützungssystems

Allein in Deutschland leiden ca. 120.000 Menschen an einer schweren Funktionsstörung des Herzens. Bis heute ist für diese Patientinnen und Patienten eine Herztransplantation die einzige Chance auf ein weitgehend normales Leben. Da es allerdings jedes Jahr nur etwa 350 bis 400 Spenderherzen gibt, existiert für die Betroffenen momentan keine realistische Therapieperspektive. „Ich kenne diese Zahlen und habe sie quasi ständig im Kopf, wenn ich Tag für Tag teils schwer herzkranke Kinder und Jugendliche behandle“, sagt Dr. Muhannad Alkassar, Oberarzt am Universitätsklinikum Erlangen. „Die Herzunterstützungssysteme, die uns aktuell zur Verfügung stehen, haben ihre Grenzen und bergen Risiken. Diese Mangelsituation war mein Antrieb, etwas Neues zu entwickeln, das unseren Patientinnen und Patienten möglichst sicher hilft.“ Bereits seit fünf Jahren arbeitet Dr. Alkassar an der Realisierung eines innovativen Unterstützungssystems, das den geschwächten Herzmuskel entlastet und seinen Leistungsabfall ausgleicht. Die Durchführung des Forschungsprojekts erfolgt an der Herzchirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Michael Weyand) des Uni-Klinikums Erlangen. Für seine Arbeit wurde Muhannad Alkassar nun mit dem Medical Valley Award des Medical Valley EMN e. V. ausgezeichnet und erhält in den kommenden zwei Jahren eine Förderung in Höhe von 250.000 Euro, um den Einsatz des Systems im lebenden Organismus zu erforschen.

Keines der aktuell verfügbaren mechanischen Unterstützungssysteme kann dauerhaft im menschlichen Körper verbleiben. „Sie überbrücken nur die Zeit bis zur lebensrettenden Herztransplantation“, erklärt Dr. Alkassar. „Alle bekannten Systeme beschleunigen das Blut mithilfe einer externen Pumpe im Bypass zum Herzen. Der hierfür erforderliche direkte Blutkontakt führt im Verlauf der Behandlung immer zu schweren Komplikationen durch Thromben oder Blutungen.“

Elastomere sorgen für Entlastung

Das Prinzip des völlig neuartigen Herzunterstützungssystems, das Muhannad Alkassar in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit weiteren Expertinnen und Experten sowohl des Uni-Klinikums Erlangen als auch der FAU Erlangen-Nürnberg entwickelt hat, beruht auf einem künstlichen Muskel, der analog zum Herzmuskel arbeitet. „Wir legen unsere Konstruktion um das kranke Herz herum“, erläutert Dr. Alkassar. „So wollen wir die reduzierte Pumpleistung ausgleichen und den geschwächten Herzmuskel entlasten, damit er sich erholen kann – vielleicht sogar vollständig.“ Die Konstruktion, in die das Herz eingebettet wird, besteht aus Elastomeren. Das sind Kunststoffe, die sich bei Zug- und Druckbelastung verformen, anschließend aber wieder in ihre ursprüngliche Form zurückfinden. „Indem wir die Elastomere in einer entsprechenden konstruktiven Anordnung um das Herz legen, können wir ein Pumpsystem realisieren“, führt Muhannad Alkassar aus. „Diese Pumpe arbeitet also wie ein zweiter Herzmuskel, der sich von außen an den natürlichen Herzmuskel schmiegt.“ Die Vorteile bestehen zum einen darin, dass es zu keinem direkten Blutkontakt kommt und so viele Risikofaktoren ausgeschaltet werden können; zum anderen ist ein dauerhafter Verbleib im Körper der bzw. des Betroffenen denkbar, sofern die Pläne für eine externe Energieversorgung ausgereift sind. Auf die Erfindung von Dr. Alkassar wurde bereits ein Patent erteilt.

Individuelle Behandlung von herzkranken Patienten

Mithilfe von computergestützten Modellberechnungen, die in Kooperation mit Prof. Dr.-Ing. Sigrid Leyendecker, Inhaberin des Lehrstuhls für Technische Dynamik der FAU Erlangen-Nürnberg, durchgeführt wurden, konnte Dr. Alkassar die prinzipielle Funktionsfähigkeit seines Systems am Säugerherz bereits nachweisen. Dank der finanziellen Förderung, die mit dem Medical Valley Award einhergeht, ist es in den kommenden zwei Jahren nun möglich, das Herzunterstützungssystem im Tiermodell auch am lebenden Herzen zu testen. „Wir hoffen, dass wir damit einen entscheidenden Schritt in Richtung Marktreife gehen können“, sagt Muhannad Alkassar. „Unser Ziel ist es, Patientinnen und Patienten in fünf bis zehn Jahren mit individuell auf sie angepassten Produkten versorgen zu können.“

Weitere Informationen:

Dr. Muhannad Alkassar
Telefon: 09131 85-33118
E-Mail: muhannad.alkassar(at)uk-erlangen.de